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Magdalena Grandmontagne

 

Das Wesen der Radierung
Eine Radierung entsteht immer in zwei Schritten: zuerst wird der Druckstock gefertigt, von diesem fertigen Klischee wird danach ein Abbild erstellt. Beide Stadien haben ihren Reiz und stellen ihre Anforderungen an den Künstler. Es ist für mich eine Herausforderung und eine Selbstverständlichkeit, nicht nur meine Druckplatten selbst zu formen, sondern die Abzüge auch eigenhändig zu drucken. Beide Schritte sind aufeinanderfolgende aber in sich geschlossene Arbeitsphasen.

 

Das Erstellen der Druckplatte birgt das Wesen der Radierung. Wenn man es streng formal beschreibt, ist es das Aufteilen eines Untergrundes in Erhebungen und Vertiefungen. Die Vergrößerung der Oberfläche in mehrere Ebenen oder das Auf und Ab der Linie nenne ich «Dehnung», sie ist der Schlüssel zu meinen Druckplatten. In den klassischen Techniken entstehen Erhebungen und Vertiefungen durch Graben, Ätzen, Zufüge und Wegnehmen von Material auf einer flachen Metallplatte. Die Dehnung wird bestimmt durch Kraft, Richtung und Zeit, sie begegnet dem Widerstand des Materials. Nach und nach habe ich auf meinem Weg diese Möglichkeiten erweitert: auch durch mechanischen Druck wie Reiben, Hämmern und Pressen kann ich eine Druckplatte gestalten und Dehnung erzeugen. Schließlich wird aus meiner Radierplatte ein Relief.

 

Der Widerstand des Metalls ist eine zwangsläufige Einschränkung. Es bedeutet eine sehr körperliche Auseinandersetzung, wenn ich mit meiner Kraft auf die Härte des Metalls antworte. Ich liebe das Überdecken, Abklopfen, Polieren mit festen und direkten Gesten. Ich liebe es, auf dem Boden zu arbeiten oder gegen eine Wand, im Kontakt mit der Festigkeit und der Temperatur des Untergrundes. Durch diese Mühe nehme ich Besitz von meinem Modell und «verdiene» es mir, ich empfinde es wie ein Aneignen von Wirklichkeit. Meine teils sehr großen Druckplatten enthalten immer ein Negativ und ein Positiv, «le creux et le plein», sie sind beidseitig geprägt. Es entstehen ein Hochdruck und ein Tiefdruck, die beide als latentes Bild vorhanden sind. Am Beispiel der Matrize des Baumabdrucks erscheinen die Aufwerfungen der Rindenstruktur auf der Vorderseite der Platte als Kontur, die Zwischenräume als Lücken. Auf der Rückseite kehren sich Erhebungen und Vertiefungen um. Die Prägung des Bildstocks ist das erste Stadium meiner Bilder, kein fertiges Ergebnis, sondern ein Mittel zum Zweck, die Matrize wird zum Instrument.

 

 

Der Transfer beim Druckvorgang
Der zweite Schritt in meinen Radierungen und Leinwanddrucken ist die Übertragung der Matrize durch den Abdruck. Es ist eine Spiegelung, eine seitenumkehrende Projektion. Der Transfer durch Ausüben von Druck schließt die Überraschung und das Risiko mit ein. Ein solches Umkehrverfahren enthält einen «unwägbaren und unvorhersehbaren Aspekt», wie Carla Esposito in den «Nouvelles de l‘Estampe» erklärt. Ich mag den Reiz der Rückseite, die Magie des verborgenen Bildes. Anders als bei der Arbeit mit der Druckpresse hat der Handabrieb die spielerische Seite einer Frottage. Der direkte Kontakt, das Tasten und Reiben, auch die Unmittelbarkeit und Schnelligkeit sind faszinierend.

 

 

 

 

Port Mezzotinto

 

 

 

 

 

 

 

 


Mezzotinto

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Port Migration

 

 

 

 

 

 

 

 


Migration

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Port Nizza

 

 

 

 

 

 

 

 


Nizza

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Port Ritzzeichungen

 

 

 

 

 

 





Ritzzeichnungen

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Port Starl

 

 

 

 

 

 

 

 


Starlings

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Port Vendeig

 

 

 

 

 

 

 

 


Venedig

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Port Handzeichnung

 

 

 

 

 

 

 



Handzeichnung

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Ernest W. Uthemann

 

Ordnung ist die halbe Unordnung
Im Jahr 1978 entdeckte die britische Anthropologin Mary Leakey im nördlichen Tansania die sogenannte Laetoli-Piste, 3,6 Millionen Jahre alte Fußspuren, die in vulkanischer Asche hinterlassen worden waren und dann versteinerten. Man findet häufiger urzeitliche Spuren, aber diese waren besondere: Sie stammten von Hominiden, wahrscheinlich vom Australopithecus afarensis.  Bekanntestes Exemplar dieser Art ist die sogenannte „Lucy“, 1974 von Donald Johanson im Afar-Dreieck gefunden und nach dem Beatles-Song „Lucy in the Sky with Diamonds“ benannt. Im Unterschied zu anderen urzeitlichen Fährten zeugten die Trittsiegel aus Laetoli noch von mehr als der schieren Existenz des Lebewesens, nämlich von seinen kulturellen Anfängen, von seinem sozialen Zusammenhalt. Denn man konnte erkennen, dass eine dreiköpfige Familie dort gelaufen war. Ein Kind war offenbar – am Schluss der Gruppe gehend – in die Spuren seiner Mutter getreten. Und: Die Laetoli-Piste lieferte den Beweis, dass unsere Vorfahren den aufrechten Gang erlernt hatten. Die ersten Zeugnisse, die Menschen hinterließen, waren also: Drucke.

Auch Magdalena Grandmontagne hat in der Vergangenheit menschliche Spuren „konserviert“, Bleibleche ausgelegt, über die Menschen liefen oder auf denen... bitte weiterlesen